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User 561
Ich schwöre, es ist ohne jeglichen Einfluss von Alkohol oder Drogen zustande gekommen, aber ich habe heute auf Facebook einen Schreibflash bekommen, als ich gesehen habe, was beim 24-Stunden-Rennen in Spa dieses Wochenende abgeht.
Eigentlich ist das zum Heulen, aber ich dachte, vielleicht bringe ich den einen oder anderen damit zum Schmunzeln, deswegen hab ich es mal hier ins Forum kopiert:
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Ein paar Gedanken zum Motorsport im Oktober 2020, oder: "Streckenbegrenzungen"
Es gab daaamals eine natürliche Streckenbegrenzung, den Streckenrand. Der war bisweilen schlecht zu sehen, also hat man ihn mit einer weißen Linie markiert - die "eigentliche" Streckenbegrenzung. Es galt: "die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien". Dahinter kam Wiese oder Dreck. Fuhr man da rein, riskierte man abzufliegen. Also machte man es kaum.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Hier und da wurde die "eigentliche" Streckenbegrenzung aber überfahren und der Dreck wurde mitgenutzt. Das wollte man verhindern also hat man physische farbige "echte" Streckenbegrenzungen eingeführt ... Randsteine oder auch Curbs. Wenn man also die "eigentliche" *Streckenbegrenzung* (Linie) überfuhr, fuhr man auf die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs), ein physisches Hindernis, dessen zu starke Nutzung Zeitverlust oder Schaden am Auto verursachte. Also machte man es kaum.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Diese physischen, farbigen Streckenbegrenzungen waren aber zu gefährlich (s.o., Misano/Rainey und Imola/Barrichello), also hat man sie abgeflacht. Nun waren sie ohne natürliche und auch ohne reglementarische Bestrafung voll befahrbar, also machte man das. Man überfuhr also die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie), um die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs) in die Ideallinie einbauen zu können und nutze diese aus bis hin zum Dreck.*
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Weil die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs) voll in die Ideallinie einbezogen wurde und man sich deshalb gefährlich dem Dreck näherte, dessen Berührung einen bösen Abflug hätte bedeuten können, hat man hinter diese "echte" Streckenbegrenzungen (Curbs) aus Sicherheitsgründen grüne Asphaltflächen als "wirkliche" Streckenbegrenzungen gepinselt. Die durfte man wirklich nicht befahren ... Regeln.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Wenn man also die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) und die "echte" Streckenbegrenzung (Curb) überfuhr, dann gab es dahinter eine "wirkliche" Streckenbegrenzung (Grünfläche), die zwar auch irgendwie befahrbar war, aber gut ... Schwamm drüber. Für deren Befahren bekam man immerhin eine Strafe . . . meistens jedenfalls.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Spätestens (!) an der Stelle hätte man sich vielleicht fragen können, ob man dieselbe Strafe nicht auch hätte geben können, wenn man die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) überfährt und den Curb berührt. Aber gut ...
Ich könnte jetzt in demselben Stil eine mehrseitige Kurzgeschichte über 25 Jahre Streckenbegrenzung schreiben, kürze es aber ab:
Wir hatten in der Zwischenzeit Teppich, der im Grunde genau dasselbe tat, wie ursprünglich mal der Dreck ... nur um festzustellen, dass man auf ihm ausrutschen kann und dass das gefährlich ist. Deshalb ist er folgerichtig in die Tonne gewandert.
Wir hatten Baguettecurbs, die im Grunde genau dasselbe machten, wie ursprünglich mal die Curbs ... nur um festzustellen, dass sie hundertmal gefährlicher sind und Autos in die niedrige Erdumlaufbahn schießen können. Deshalb sind sie folgerichtig in die Tonne ... ach ne, warte: die Scheiße nutzen wir immer noch.
Wir hatten Doppelcurbs mit tiefem Graben dazwischen (Hockenheim), die die Autos unruhig machen sollten, so dass der Fahrer auf ganz freiwilliger Basis innerhalb der Strecke bleibt, aber wenn-ihr-nicht-wollt-dürft-ihr-euch-natürlich-gerne-frei-entfalten-und-man-wird-es-ja-wenigstens-mal-versuchen-dürfen.
Wir hatten Rumpelcurbs in Spielberg, die Ihr besser nicht befahren solltet, weil Ihr Euch dann eventuell Schäden am Frontflügel holt, aber wenn Ihr doch drüber fahrt und dann wirklich die Flügel kaputt gehen, dann machen wir die Curbs besser weniger rumpelig, damit Ihr gefahrlos drüber fahren könnt.
Vorgespult in den Oktober 2020:
Die Königsklasse des Motorsports fährt in Portimao mit der offiziellen Regel, dass man die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) komplett ignorieren, die "echte" Streckenbegrenzung (Curb) vollständig überqueren und mit allen vier Räder auf die "wirkliche" Streckenbegrenzung (grüner Asphalt) fahren darf, so lange man mit einem Millimeter irgendeines Reifens noch die "echte" Streckenbegrenzung berührt, was mit Hilfe von Highspeedkameras durch einen Stab an Rennkommissaren überwacht und geahndet wird. Und die ersten Fahrer auf der Strecke bekommen Rundenzeit um Rundenzeit gestrichen, weil sie es nicht schaffen, die Track Limits einzuhalten.
Gleichzeitig fährt man in den belgischen Ardennen ein 24-Stunden-Rennen durch die pitoresken Auslaufzonen einer der ehemals anspruchsvollsten Rennstrecken der Welt, mit nur gelegentlicher Einbeziehung derselben.
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* besonders aufmerksame Leser stellen hier schon fest, dass wir wieder am Anfang sind.
Eigentlich ist das zum Heulen, aber ich dachte, vielleicht bringe ich den einen oder anderen damit zum Schmunzeln, deswegen hab ich es mal hier ins Forum kopiert:
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Ein paar Gedanken zum Motorsport im Oktober 2020, oder: "Streckenbegrenzungen"
Es gab daaamals eine natürliche Streckenbegrenzung, den Streckenrand. Der war bisweilen schlecht zu sehen, also hat man ihn mit einer weißen Linie markiert - die "eigentliche" Streckenbegrenzung. Es galt: "die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien". Dahinter kam Wiese oder Dreck. Fuhr man da rein, riskierte man abzufliegen. Also machte man es kaum.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Hier und da wurde die "eigentliche" Streckenbegrenzung aber überfahren und der Dreck wurde mitgenutzt. Das wollte man verhindern also hat man physische farbige "echte" Streckenbegrenzungen eingeführt ... Randsteine oder auch Curbs. Wenn man also die "eigentliche" *Streckenbegrenzung* (Linie) überfuhr, fuhr man auf die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs), ein physisches Hindernis, dessen zu starke Nutzung Zeitverlust oder Schaden am Auto verursachte. Also machte man es kaum.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Diese physischen, farbigen Streckenbegrenzungen waren aber zu gefährlich (s.o., Misano/Rainey und Imola/Barrichello), also hat man sie abgeflacht. Nun waren sie ohne natürliche und auch ohne reglementarische Bestrafung voll befahrbar, also machte man das. Man überfuhr also die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie), um die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs) in die Ideallinie einbauen zu können und nutze diese aus bis hin zum Dreck.*
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Weil die "echte" Streckenbegrenzung (Curbs) voll in die Ideallinie einbezogen wurde und man sich deshalb gefährlich dem Dreck näherte, dessen Berührung einen bösen Abflug hätte bedeuten können, hat man hinter diese "echte" Streckenbegrenzungen (Curbs) aus Sicherheitsgründen grüne Asphaltflächen als "wirkliche" Streckenbegrenzungen gepinselt. Die durfte man wirklich nicht befahren ... Regeln.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Wenn man also die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) und die "echte" Streckenbegrenzung (Curb) überfuhr, dann gab es dahinter eine "wirkliche" Streckenbegrenzung (Grünfläche), die zwar auch irgendwie befahrbar war, aber gut ... Schwamm drüber. Für deren Befahren bekam man immerhin eine Strafe . . . meistens jedenfalls.
"Die Strecke wird begrenzt durch die weißen Linien"
Spätestens (!) an der Stelle hätte man sich vielleicht fragen können, ob man dieselbe Strafe nicht auch hätte geben können, wenn man die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) überfährt und den Curb berührt. Aber gut ...
Ich könnte jetzt in demselben Stil eine mehrseitige Kurzgeschichte über 25 Jahre Streckenbegrenzung schreiben, kürze es aber ab:
Wir hatten in der Zwischenzeit Teppich, der im Grunde genau dasselbe tat, wie ursprünglich mal der Dreck ... nur um festzustellen, dass man auf ihm ausrutschen kann und dass das gefährlich ist. Deshalb ist er folgerichtig in die Tonne gewandert.
Wir hatten Baguettecurbs, die im Grunde genau dasselbe machten, wie ursprünglich mal die Curbs ... nur um festzustellen, dass sie hundertmal gefährlicher sind und Autos in die niedrige Erdumlaufbahn schießen können. Deshalb sind sie folgerichtig in die Tonne ... ach ne, warte: die Scheiße nutzen wir immer noch.
Wir hatten Doppelcurbs mit tiefem Graben dazwischen (Hockenheim), die die Autos unruhig machen sollten, so dass der Fahrer auf ganz freiwilliger Basis innerhalb der Strecke bleibt, aber wenn-ihr-nicht-wollt-dürft-ihr-euch-natürlich-gerne-frei-entfalten-und-man-wird-es-ja-wenigstens-mal-versuchen-dürfen.
Wir hatten Rumpelcurbs in Spielberg, die Ihr besser nicht befahren solltet, weil Ihr Euch dann eventuell Schäden am Frontflügel holt, aber wenn Ihr doch drüber fahrt und dann wirklich die Flügel kaputt gehen, dann machen wir die Curbs besser weniger rumpelig, damit Ihr gefahrlos drüber fahren könnt.
Vorgespult in den Oktober 2020:
Die Königsklasse des Motorsports fährt in Portimao mit der offiziellen Regel, dass man die "eigentliche" Streckenbegrenzung (Linie) komplett ignorieren, die "echte" Streckenbegrenzung (Curb) vollständig überqueren und mit allen vier Räder auf die "wirkliche" Streckenbegrenzung (grüner Asphalt) fahren darf, so lange man mit einem Millimeter irgendeines Reifens noch die "echte" Streckenbegrenzung berührt, was mit Hilfe von Highspeedkameras durch einen Stab an Rennkommissaren überwacht und geahndet wird. Und die ersten Fahrer auf der Strecke bekommen Rundenzeit um Rundenzeit gestrichen, weil sie es nicht schaffen, die Track Limits einzuhalten.
Gleichzeitig fährt man in den belgischen Ardennen ein 24-Stunden-Rennen durch die pitoresken Auslaufzonen einer der ehemals anspruchsvollsten Rennstrecken der Welt, mit nur gelegentlicher Einbeziehung derselben.
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* besonders aufmerksame Leser stellen hier schon fest, dass wir wieder am Anfang sind.