Kennt sich wer in Technik aus? Fertigungsverfahren Gießen, Berechnen von Schwindmaßen

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User 2602

Hallo, ich weiß ja nicht ob es hier Kenner für das Thema gibt, aber ich frag mal einfach..

Es geht um folgendes. In der Schule behandeln wir gerade Fertigungsverfahren, im speziellen das Gießen.
Analog dazu haben wir auch das Thema Schwindmaße, inklusive Berechnen.

Ich fasse nochmal zusammen,
Werkstücke die durch Gießen hergestellt werden, schwinden bei der Abkühlung. Diese Schwindung muß berücksichtigt werden. Die Modelllänge kann durch die Formel

L1= Werkstücklänge * 100%
.........100% - Schwindmaß
l1hv9.jpg

Soweit klar.

Nun war eine Aufgabe dazwischen, wir sollten eine Buchse berechen aus CuSnZn-Legierung.

Die Buchse hat die Länge von 175 mm, einen Durchmesser von 120 mm und einen Hohlraumdurchmesser von 90 mm.

Diese Aufgabe hat die Klasse gespalten, und der Lehrer wurde auch auf dem falschen Fuß erwischt.
Und zwar geht es um den Hohlraum und dem Kern. Das Modell für die Buchse muß größer sein, damit das Werkstück auf die geforderte 175 mm Länge und 120 mm Durchmesser zurückschrumpfen kann, das ist ja klar,
aber zum Kern, ich sage der Kern muß kleiner sein wie der zu entstehende Hohlraum, da das Werkstück, bzw. die Buchse auch im Inneren schrumpft, und sich der Hohlraum somit auch vergrößert.

Andere rechnen stur nach Formel und bekommen danach logischerweise einen größeren Kern heraus. Nur, laut Logik kann der Kern ja nicht größer sein wie die geforderten 90 mm Durchmesser. Maximal in der fertigen Größe, also 90 mm.
Ich behaupte, der Kern muß kleiner sein wie 90 mm.
Hier mal die Aufgabe samt meiner Rechnung...
11641229zk2.jpg


Tja nun, Einsatz in der Klasse sind 2 Kästen Bier, aber wir brauchen eine Lösung...
Also vielen Dank wenn jemand eine Hilfe ist..

Greetz

Karsten
 
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User 57

...aber zum Kern, ich sage der Kern muß kleiner sein wie der zu entstehende Hohlraum, da das Werkstück, bzw. die Buchse auch im Inneren schrumpft, und sich der Hohlraum somit auch vergrößert....

Ein beliebter Denkfehler, dem ich auch schon aufgesessen bin. Du denkst aber in der falschen Dimension. Der Hohlraum schrumpft ja nicht in radialer Richtung, sondern in Umfangsrichtung, ergo muß der Kern größer gewählt werden, damit das richtige Ergebnis erzielt werden kann.
 
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User 300

Der Kern muss grösser gewählt werden, da sich das komplette Werkstück verkleinert.

Lösungsvorschlag:
Nehmt eine solche Büchse (aber kleiner ;)) und vermesst sie.
Danach erwärmt ihr die Büchse mit dem Bunsenbrenner und messt nochmal nach.

Das Schwindmass ist im Prinzip nichts anderes als die Wärmeausdehnung.
 
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User 2602

Ein beliebter Denkfehler, dem ich auch schon aufgesessen bin. Du denkst aber in der falschen Dimension. Der Hohlraum schrumpft ja nicht in radialer Richtung, sondern in Umfangsrichtung, ergo muß der Kern größer gewählt werden, damit das richtige Ergebnis erzielt werden kann.

Kapier ich nicht...
Wenn wir bei der Aufgabe bleiben, angenommen wir legen eine Kern ein der jetzt meinetwegen einen Durchmesser von 92 mm hat,
Wie kann dann der Hohlraum nachher 90 mm sein, um' dazu zu kommen, müßte doch der Kern dann sogar noch zusammengepresst werden von der Schmelze, und das tut es ja nicht...
Irgendwie kommt da meine Logik nicht mit.

Ich seh es genauso wie Pascal, für mich ist sowas praktisch nicht mehr wie eine Volumenänderung durch Wärmeausdehnung...Bildlich gesehen...
Muß doch in alle Richtungen schrumpfen...?! ?(

Greetz

Karsten

*EDIT* @Pascal, die Buchse zu erwärmen halte ich jetzt dann aber doch aus dem Zusammenhang gerissen. Wärmeausdehnung ist klar das es dabei so ist, aber ich glaube die beiden Dinge Wärmeausdehnung und Schwindung kann man praktisch dann doch nicht vergleichen....
 
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User 300

Doch die beiden Dinge kann man vergleichen.

Schwindung – Wikipedia

Zitat Wiki
Nach dem Gießen verkleinern sich Werkstücke beim Abkühlen auf Grund der Volumenänderung bei der Kristallisation und der Wärmedehnung um einen bestimmten Prozentsatz ihres Volumens, eine Schwindung findet statt

Zitat Karsten
Muß doch in alle Richtungen schrumpfen...?!
Tut es auch.

D Aussen 121.58mm
D Innen 91.19mm
Wanddicke Modell 15.2 mm
Wanddicke Werkstück 15mm

Habe ich jetzt 2 Kästen Bier gewonnen ?
 
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User 57

Kapier ich nicht...
Wenn wir bei der Aufgabe bleiben, angenommen wir legen eine Kern ein der jetzt meinetwegen einen Durchmesser von 92 mm hat,
Wie kann dann der Hohlraum nachher 90 mm sein, um' dazu zu kommen, müßte doch der Kern dann sogar noch zusammengepresst werden von der Schmelze, und das tut es ja nicht...
Irgendwie kommt da meine Logik nicht mit.

Ok, erstmal bitte nicht irgendwelche Begriffe durcheinanderschmeissen (Kern, zusammenpressen), sonst reden wir aneinander vorbei. Normalerweise muß man sowas durch 'ne Zeichnung erklären, ich versuchs trotzdem mal mit Worten.

Wenn Du einen Volumenkörper betrachtest, dann schrumpft dieser beim Erstarrungsprozess in allen Dimensionen. Ein Würfel wird auf allen Seiten kleiner (wenn wir mal von isotropen Materialverhalten ausgehen). Jetzt guck Dir mal nur die Oberflächen dieses Würfels an, diese Oberfläche zieht sich zusammen, egal in welcher Orientierung sie im Raum liegt. Übertragen auf die zylindrische Innenseite (Oberfläche) der Buchse heißt das ebenfalls: die Oberfläche zieht sich zusammen => der Durchmesser wird im Erstarrungsprozeß kleiner.

Würde der Durchmesser größer werden, dann müßtest Du die Oberfläche/den Umfang vergrößern/dehnen. Dann wäre das:
Muß doch in alle Richtungen schrumpfen...?!
nicht mehr gegeben.
 
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User 2992

Insgesamt kann man bei Ringförmigen Körpern aus Metall einfach mal sagen, dass sie sich durch erwärmen ausdehnen, und zwar so, dass der Umfang sich verlängert. Das bedeutet es hat den selben Effekt, als wenn du den Ring auftrennen und auseinanderbiegen würdest. Es vergrößert sich also sowohl der innen als auch der Aussendurchmesser. Beim Abkühlen passiert dann das selbe rückwärts. Der Umfang verkürzt sich und die Durchmesser schrumpfen dadurch.

Allerdings hat Karsten nicht ganz unrecht. Genau genommen findet die Schrumpfung zur mitte des Körpers hin statt. Also auch von der Ringinnenseite zur Ringmitte. Aber, da dieser Vorgang in alle Körperrichtungen prozentual gleichmässig stattfindet wirkt sich die längere Strecke viel stärker aus, also der Umfang.

Als extrem nehmen wir mal einen dünnen Blechstreifen von ein MM stärke und biegen daraus einen runden Reif von 1000 mm Durchmesser. Beim abkühlen nehmen wir mal an, dass sich alle strecken um 5 % verkürzen. Dann ist der Blechstreifen nur noch 0,95 mm stark aber Der Durchmesser ist auf 950 mm geschrumpft. wenn man nun sagen würde, dass er sich aber auch zur Materialmitte hin zusammengezogen hat, so sind das nur 0,05 mm was man mal einfach vernachlässigen kann.

Kapiert?
 
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User 2602

So, ich hab im Technikerforum eine Antwort erhalten, für alle die es interessiert, ich füge die mal ein...

Servus Karsten,

ich arbeite in einer Alu Gießerei als CAD Techniker. habe allerdings eine lehre gemacht als Werkzeugmechaniker und 4 Jahre als solcher im Werkzeugbau für Sandkerne gearbeitet. Im Moment zeichne ich einen kompletten Kernkasten.
bei uns werden Zylinderköpfe und kurbelgehäuse gegossen.

Dein Problem ist auch bei uns in der Konstruktion bekannt. Also:
Der Sandkern kommt aus der form und ... schwindet!
das gussteil schwindet aussen rum auch. klar. also muss die gussform auch größer sein.
und nun zu eurem problem. die erfahrung hat gezeigt, das der sandkern für innenkonturen auch größer sein muss. durch die hitze, dehnt sich der sandkern kurzzeitig noch mal aus, entgast aber noch und wird gleichzeitig durch das schwindende Alu zusammengedrückt. das heisst, anschließend wird der hohlraum kleiner, als vorher der kern war.

nun kommen aber weitere faktoren hinzu.
1. das gussverfahren
Niederdruck, schwerkraft oder injector casting ( da bin ich nicht so fit)
2. herstellverfahren des kerns
Coldbox (Unterschiede zwischen Kunstoff- und Stahlkernkästen)
und anorganik-kernen.
das heisst, es wird ein anorganischer Binder in den Sand gemischt und unter Hitze (200°C) in der Form zum Kern zusammengebacken. Dabei kommt es aber auch noch auf die Taktzeit an, wie lange der kern die möglichkeit hat, in der form zu bleiben, bevor er entnommen wird, und wie schnell er danach abgekühlt wird.
Moment werden alle Kernkästen auf Anorganik umgestellt, da dieser Binder wesentlich weniger umweltbelastend ist als der für Cold Box.
des weiteren spielen wandstärke und größe des Kerns und natürlich eine rolle. ein dickwandiges gussteil kann einen kleinen kern leichter zusmanndrücken als umgekehrt.
Fazit, der Kern ist im Regelfall größer

Das gießen ist eine wissenschaft für sich, und die möglichkeiten und noch lange ausbaufähig.
ich hoffe, das hat dir geholfen. bei fragen einfach melden.
Gruß Lil

Greetz

Karsten
 
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User 2992

Der Kollege hat schon recht. Formeln sind das eine Erfahrung das andere. Dazu zählt natürlich auch die richtige Wahl des Guss-Verfahrens.

Sandguss ist aber schon recht speziell. Bei anderen Gussverfahren (Wachsausschmelz) ist der Druck auf den Kern vernachlässigbar oder beim Kunstoffdruckguss in Stahlformen natürlich auch.

Aber ich kann mich auch noch an meine Berufschulzeit erinnern, da hatten die Lehrer auch nur sehr theoretische Kenntnisse von den jeweiligen Techniken. Da muss ich einfach mal das Duale System in der Berufsausbildung loben. Theorie in der Schule und Praxis im Betrieb ist, wenn sie gut durchgeführt wird eine unschlagbare Kombination.

Aber für dich als Zeichner/Konstrukteur ist das erstmal vernachlässigbar. Momentan würde ich mich an deiner Stelle mal lieber an eure Fachliteratur, also die Prüfungsbasis halten, denn da steht nicht immer unbedingt alles richtig drin, trotzdem wird dementsprechend geprüft.

In unserer Fachliteratur gibt es horrende Fehler und Halbwarheiten, das ist aber leider nie ganz auszumerzen, so lange selbstverliebte Theoretiker den Unterricht machen.Und auch teilweise die Schulungsbücher schreiben.

Aus meiner Erfahrung kann ich dir nur raten dich nicht mit den Lehrkräften zu streiten, weil dir irgendwer vom Fach was anderes gesagt hat. Das kommt bei den Leuten meist nicht gut an, das kann ich dir aus eigener Erfahrung berichten.

Weiterhin noch viel Erfolg
 
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